Die Geschichte des CVJM




„Was schwach ist, das hat Gott erwählt"

nach 1. Kor 1,27



Gott beginnt mit einem verunglückten Jungen seine Geschichte in Bobengrün. Und ein gelähmter Junge in Haueisen wird zum Ausgangspunkt für die Pfingsttagung.


Kirschbaum

Es beginnt mit einem gewaltigen Schrecken. Der zehnjährige Carl Sommermann aus Bobengrün fällt 1848 kopfüber vom Kirschbaum. Beide Hände sind mehrmals gebrochen. Seine Eltern haben kein Geld für einen Arzt. Er weiß, dass er nichts arbeiten kann und der Dorffürsorge zur Last fallen wird. In seiner Verzweiflung liest er die Bibel und findet zum Glauben. Er wird ein fröhlicher und gewinnender Christ. Seine Hände bleiben sein Leben lang verkrüppelt. Doch diese Hände werden ein Werkzeug Gottes. Er verteilt Traktate und lädt die Männer vom Dorf zu Bibelgesprächen in seine Stube ein. Er bekommt Kontakt zum Evangelisten Johannes Seitz aus Württemberg, einem Schüler von J.C. Blumhardt. Zusammen mit ihm ist er mit noch fünf anderen Christen aus Deutschland in einer Bruderschaft, die sich „Reichsbrüder" nennen, weil sie auf das wiederkommende Reich Christi warten.


Johannnes Seitz
Johannnes Seitz
1839-1922

Er bekommt auch Kontakt zu den Herrnhuter Missionaren und besucht das Herrnhuter Missionsfest in Ebersdorf, 25 km von Bobengrün entfernt. „Da hat mich eine gute Luft berührt" sagt er, als er von Ebersdorf nach Hause kommt. Seine Beziehung zu den Herrnhutern festigt sich. Jedes Mal, wenn die Herrnhuter bei ihm Bibelstunde halten, ist die Stube rappelvoll. Mit bis zu 25 Männern wandert er 5 Stunden lang nach Ebersdorf zum Missionsfest. Dort erleben sie Zeugnisse von den Zinzendorf-Missionaren aus aller Welt. Mit 60 Jahren bekommt Carl in einer Vision einen Auftrag von Gott: „Bete um eine Erweckung für dein Dorf.“ Im Froschbachtal, wo er seine Kühe hütet, hat er einen Stein im Wald. Dort geht er immer auf die Knie und betet für sein Dorf. 23 Jahre lang. Und Gott schenkt einen geistlichen Aufbruch um 1922. Viele Jugendliche werden von Gottes Geist erfasst. Es entsteht ein lebendiger Jugendkreis, der am 17. April 1924 den CVJM Bobengrün gründet. Der tatkräftige, junge Bäckermeister Hans Hägel, ein Enkel von Carl Sommermann, leitet den Kreis. Es entstehen ein Posaunenchor und ein Singkreis, ein Bibelkreis und ein Missions-Gebetskreis. Sie organisieren eine Sechs-Tage-Evangelisation in Bobengrün, besuchen Treffen vom CVJM, die Pfingsttreffen in Haueisen und die Bad Blankenburger Konferenz.


Es ist viel los. Ab 1926 ist im Hause von Hans Hägel jährlich eine Winter-Bibelfreizeit für junge Männer, die Georg Kragler vom CVJM leitet. Hans Hägel hält diese Freizeiten und Bibelstunden auch dann noch, als sie vom Hitler-Regime verboten sind. Da verrät ihm ein Freund im Geheimen: „Hans, wenn du nicht sofort mit den Bibelstunden aufhörst, kommst du ins KZ.“




Das kleine Blockhaus



Blockhaus Bobengruen

Keine Bibelstunden mehr. Was nun? Er betet. Nach 7 Jahren bekommt er beim Bibellesen die Weisung von Gott: „Baue ein kleines Blockhaus in deinen Wald, um in diesem Versteck junge Leute um die Bibel zu versammeln.“ In seiner Bäckerei hat er einen tüchtigen französischen Kriegsgefangenen, der Schreiner ist. Ihm erzählt er von seinem Plan. Es dauerte nicht lange, da hat René mit seinem ebenso gefangenen Landsmann Reymond, das kleine Blockhaus 1943 in den Wald gebaut. Jeden Samstag in der Nacht erzählt der Hägels Hans dort jungen Männern Geschichten aus der Bibel. Gott hält seine Hand darüber. Es kommt nichts raus. Er ahnt damals nicht, dass sich in diesem stillen Wald einmal Tausende um Gottes Wort in aller Freiheit versammeln werden. Dieses Kleine Blockhaus, heute mitten im Tagungsrund, ist so etwas wie ein Beichtstuhl geworden. Viele junge Menschen haben dort während der Tagung in einem seelsorgerlichen Gespräch ihr Leben vor Gott in Ordnung gebracht und Jesus in ihr Leben eingeladen. Das Kleine Blockhaus ist zusammen mit der Bibel zum Logo der Pfingsttagung geworden.




1945: „Jetzt müssen wir missionieren"



Hans haegel

Der Zweite Weltkrieg ist vorbei. Große Not ist im Land. Viele stehen vor dem Nichts. Der Hägels Hans sagt: „Jetzt müssen wir missionieren!“ In Bobengrün ist ein deutscher Militärlastwagen stehen geblieben. Alles steht unter amerikanischer Militärregierung. Captain Houlson ist Christ und gibt Hans zum Missionieren Diesel-Kraftstoff und eine Sondergenehmigung. Mit Posaunenmusik vom offenen Lastwagen geht es durch Dörfer und Städte. Auf Marktplätzen und in Sälen ruft der Hägels Hans in seiner unnachahmlichen Weise die Menschen zur Umkehr zu Gott. Am Schluss seiner Ansprachen lädt er mit Begeisterung ein: „Kommt alle an Pfingsten nach Bobengrün!“

Hans Hägel (1899-1985) konnte mit seiner geistlich fröhlichen Art Menschen aus allen Schichten für Gottes Sache gewinnen. Er hatte ein brennendes und weltoffenes Herz mit missionarischem Eifer. Seine Glaubensprägung war dieselbe wie die von Carl Sommermann - wohl von den Herrnhutern inspiriert. Viele Jahre war er Mitglied der evangelischen Landessynode in Bayern.




1946: Ein neuer Aufbruch



CVJM-Haus Bobengruen

Das Kleine Blockhaus ist längst zu klein geworden für die Jugend, die Hans Hägel um sich sammelt. In harter Handarbeit und mit einfachsten Mitteln, es gibt so gut wie nichts, baut er 1946 mit Jugendlichen das CVJM-Heim am Wald. Es ist das erste christliche Jugendhaus in Deutschland, das nach dem Krieg gebaut wird. Kaum ist es fertig, ist es schon mit Bibelfreizeiten belegt. Und dann kommt 1947 eine Bibelfreizeit mit Karl Huber vom CVJM, bei der auch die Bobengrüner dabei sind. Viele kommen zum Glauben. Es ist eine Gottesstunde, die zweite Erweckung in Bobengrün. Gott gewinnt dadurch neue Mitarbeiter für die immer größer werdende Pfingsttagung. Der geistliche Aufbruch wird begleitet von neuen Liedern und neuer Musik. Die begeisterten Bobengrüner sind mit Posaunen- und Gitarrenchor viel unterwegs auf Tagungen und Treffen, wo der Hägels Hans packende Ansprachen hält. Die neuen Lieder begeistern die Jugend. Die Familie Hägel bringt ein neues Liederbuch heraus, „Sang und Klang", mit bewährten und neuen Liedern. Dieses Liederbuch schlägt ein und muss immer wieder nachgedruckt werden. Fünf Auflagen. Es ist weit verbreitet und macht Reklame für Bobengrün und die Pfingsttagung.




„Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen"

Jesus in Mt.25



Frakreich und Bobengruen

Der Zweite Weltkrieg ist vorbei. Die französischen Kriegsgefangenen in Bobengrün übergeben vor ihrer Heimreise am 17. April 1945 ihrem Freund Hans Hägel einen Dankbrief mit 12 Unterschriften. Der hatte ihnen mit Herz und Hand geholfen, wo er nur konnte, trotz strengem Verbot. Dieser Dankbrief kommt in die Hände eines jüdischen Rechtsanwaltes, Günther Schild ist sein Name. Er ist vor den Nazis nach Paris geflohen. Dort bei der Heilsarmee wird er Christ und setzt sich nun leidenschaftlich für Versöhnung ein.1952 arrangiert er eine Völker-Versöhnungs-Konferenz in Paris.

Dazu kommen einige ehemalige in Bobengrün gefangene Franzosen, Politiker und auch Madame Trocqueme, die Generalsekretärin des französischen christlichen Friedensdienstes. Sie hat in Südfrankreich 3000 jüdischen Kindern das Leben vor dem KZ gerettet. Aus Deutschland kommt Hans Hägel und seine Crew mit einer Sondergenehmigung von Bundespräsident Dr. Theodor Heuss, da es damals zwischen Frankreich und Deutschland noch keine politische Regelung gibt. Ein Jahr später ist der Gegenbesuch in Bobengrün. Im Kurhaussaal in Bad Steben ist eine Großveranstaltung mit deutschen und französischen Rednern. In der Presse kommt ein ausführlicher Artikel mit der Überschrift: „CVJM, Wegbereiter für deutsch-französische Verständigung". Christsein hat Wirkung!




Erweckung und geistliches Wachsen



CVJM-Haus Bobengruen

Der Protest gegen Normen und der Aufschrei nach einem freizügigen Leben bestimmt in den 60er Jahren die Jugend in den USA. Es ist die Hippie-Bewegung mit dem Woodstockfestival. Auch unser Land wird davon erfasst. In der christlichen Jugendarbeit läuft nicht viel. Da mitten hinein schickt Gott die Jesus-People-Bewegung. Zigtausend Jugendliche, die moralisch total am Ende sind, bekehren sich. Eine geistliche Revolution. Diese Bewegung überflutet Amerika, kommt nach Deutschland, auch in den Frankenwald nach Bobengrün. Es ist die 3. Erweckung in Bobengrün in den 70er und 80er Jahren. Die Bibel wird zur Mitte. Neue Lieder, neue Bibelausgaben, lebendige Jugendkreise und Gebetskreise an den Schulen entstehen. Die „Fackelträger" vom Bodenseehof tragen viel dazu bei. Die Jugendarbeit blüht auf. Unvergesslich sind die Zeltlager für Jungen in Birkenreuth, Fränkische Schweiz. Im gemischten Jugendkreis und auf Freizeiten sind Gespräche um die Bibel die Mitte. Die Pfingsttagung bekommt eine neue Mitarbeitergeneration von Gott.

Das 1946 gebaute CVJM-Haus wird zu klein. Es wird abgerissen und 1986 ein neues CVJM-Haus mit Freizeitheim gebaut. Das Interesse nach geistlicher Vertiefung wächst. Pfarrer Gerhard Hägel beginnt mit seinen Bibelkurs-Vorträgen im Saal der Blusenfabrik. Um die 80 Teilnehmer kommen durchschnittlich aus der Umgebung monatlich zusammen. Bibel und Welt sind die Themen, mit interessanten Beispielen versehen. 131 solcher Bibelkurs-Vorträge werden es über die Jahre. Viele Pfarrer haben diese regelmäßig bezogen.


Außerdem halten Dr. John Thiessen, Prof. Dr. John Lennox, Dr. Sons und andere Redner Bibeltage in Bobengrün. In den benachbarten Orten wirkt Gott in ähnlicher Weise. Im Jugendkreis ist viel los. 1975 fährt ein Bus voll mit Jugend nach Brüssel zum 10-tägigen „Eurofest 75". Billy Graham hat dazu eingeladen. 10 000 junge Christen aus Europa hören vormittags Bibelarbeiten von Billy Graham und laden am Nachmittag mit Handzetteln die Stadt Brüssel für die Abendvorträge im Heysel-Stadion mit Billy Graham ein. Viele treffen eine Entscheidung für Jesus. Auch einige vom Bobengrüner Jugendkreis machen dort einen Anfang mit Jesus.Eine Gruppe besucht die Lausanner Missionskonferenz und bekommt dort geistliche Impulse. Später sind es die Familienfreizeiten in Bad Blankenburg, die viele Bobengrüner über Jahre geistlich festigen.Im Frankenwald entstehen überörtliche Gebetsabende, in denen für den Frankenwald und für die Pfingsttagung gebetet wird. Die verschiedenen geistlichen Prägungen ergänzen sich und sind eine Bereicherung. Es sieht hoffnungsvoll aus.

Drei Pfarrer, zwei Diakonissen und drei Missionare/innen, die im Kongo, in Nordafrika und in Georgien/Armenien arbeiten, sind aus der örtlichen Arbeit hervorgegangen. Auch die Mission „Hoffnungsträger Ost" ist in Zusammenarbeit entstanden. In diese armen Länder bringen Bobengrüner durch Hilfsaktionen und Besuche neue Hoffnung. Ein weites Feld, in dem sie Gott gebraucht.